Die Krux bei der Vorstellung, Gott sei allmächtig, ist eigentlich, daß wir uns gar keiner Sache mehr sicher sein können.
Wenn Gott allmächtig ist, ja: dann kann er es zuwege bringen, daß 2 + 2 = 5
Wenn Gott allmächtig ist, ja: dann kann er es zuwege bringen, daß wir felsenfest und mit unerschütterlicher Wahrheit davon überzeugt sind, daß 2 + 2 = 4 (obwohl doch 2 + 2 = 5 nach göttlicher Vorsehung gelte).
Wenn Gott allmächtig ist, ja: dann kann er es sogar zuwege bringen, daß wir daran glauben, er sei allmächtig, obwohl er es eben nicht ist!
Gerade letzterer Satz sollte uns aufmerksam machen darauf, wen oder was wir "allmächtig" nennen!
Selbstverständlich bezeichnen wir Menschen lediglich solche Wesen als allmächtig, die uns Menschen doch irgendwie überlegen sind. Doch inwiefern und/oder worin sind diese Wesen uns überlegen? (Und sind sie uns wirklich überlegen oder haben wir nur den Eindruck, sie seien es?)
Wie dem auch sei: Wir Menschen können nicht in allem Ernste daran glauben, ja schon gar viel weniger davon überzeugt sein, daß Gott allmächtig sei.
Ein allmächtiger Gott macht mit uns nun tatsächlich, was er (oder sie?) gerne möchte. Ein allmächtiger Gott bringt mehr Chaos und Unerklärlichkeiten in den Kosmos, als uns lieb wäre. (Warum sind wir denn der Meinung, daß 2 + 2 = 4; und das unabhängig von jedweder Zeit, ja heutzutage sogar unabhängig vom Menschen: so daß wir ebenso überzeugt sind, daß auch bei außerirdischen Intelligenzen 2 + 2 = 4 gelten müsse)?
Deshalb ist im Zuge der Allmächtigkeit Gottes in der theologisch angehauchten Version der Philosophie auch der - schon in der Bibel so bezeichnete - "liebende", hier dann also der "alliebende" Gott gewissermaßen ergänzt worden. Auch wenn Gott uns in seiner Allmacht stets betrügen und uns die Irrealität als Realität vorgaukeln könnte, tue er dies doch dennoch nicht, weil er ein Gott sei, der die Menschen liebt und nicht möchte, daß sie getrogen werden.
Damit aber haben wir einen christlich-metaphyischen Begriff (den der "Allmacht") nur durch einen anderen apologetisch ergänzt (nämlich durch den der "Alliebe") - damit aber haben wir ja noch gar nichts über Gott ausgesagt, und damit auch nichts über Gottes Allmacht. Sondern: Wir haben uns Gott lediglich für unsere menschlichen Begriffe erklärt, ihn uns sozusagen verständlich gemacht - ob das dann auch etwas mit Gott zu tun hat, bleibt natürlich nach wie vor fraglich.
Wie denn auch? Denn der Gedanke (oder die Vorstellung), Gott sei allmächtig, führt uns - wie oben angedeutet - in Widersprüche über Gottes Wesen selbst; der einzige Ausweg daraus kann es nur sein, daß wir Menschen uns gar keinen Begriff über Gott machen.
Oder so: Gott ist "nicht dies" und nicht "nicht dies" - sondern Gott ist das, was weder dies noch nicht dies ist - dieser Minimalbegriff von Gott sagt gar nichts aus. Aber was sollte das Menschendenken auch erkennen können vom "ens realissimum"? (Also von einem Wesen ("ens"), welches sowohl alles nur Denkbare als auch alles nur Nicht-Denkbare (also alles das, was als "realissimum" bezeichnet werden kann) in sich schließt?